Hintergrund: Die sogenannten "Parkpickerltarife"
wurden nach 21 Jahren erhöht, was die
Oppositionsparteien aus den
unterschiedlichsten Gründen
kritisierten.
9. Sitzung des Landtages vom
30.03.2007
Aktenzahl PGL - 01498-2007/0001 - KGR/MDLF
Dringliche Anfrage Betreff
Parkabgabegesetz
Abg. Siegi Lindenmayr
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte
Frau Präsidentin!
Die heutigen Argumente der GRÜNEN und
der ÖVP waren nicht wirklich neu und
bringen eigentlich nur eine Wiederholung
der gestrigen Debatte.
Zur FPÖ sage ich jetzt und später dann
gar nichts, denn sie hat sich ohnehin
selbst disqualifiziert, ganz alleine, ob
man das Thema betrachtet oder ob man die
Art betrachtet, wie das hier vorgebracht
worden ist.
Generell möchte ich sagen, den GRÜNEN
sind die Parkscheine zu billig und eine
Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung
wird gefordert und der ÖVP ist es
generell zu teuer. Dazu muss ich sagen,
dass ich ganz leicht feststellen kann,
dass der Weg der SPÖ der richtige ist,
denn das ist der Weg der Mitte! Daher
sind auch die Wienerinnen und Wiener mit
der Verkehrspolitik der SPÖ so
zufrieden! (Abg Mag Maria Vassilakou:
Das glauben Sie aber selbst nicht!)
Die Parkraumbewirtschaftung, das ist
schon mehrmals erwähnt worden, ist
verkehrspolitisch eine
Verkehrslenkungsmaßnahme. Hier wurde
schon erwähnt, andere Städte haben auch
andere Maßnahmen gesetzt. Die City-Maut
wurde erwähnt in London, Stockholm, Oslo
und Tokyo. Aber in Wien hat die
Parkraumbewirtschaftung schon eine lange
Tradition. Sie ist erstmals 1959
eingeführt worden und seit April 1975
ist sie gebührenpflichtig. 1986 bis 2002
war sie unverändert. Durch die
Euroumstellung, das wurde bereits in der
Anfragebeantwortung erwähnt, ist sie um
8 Prozent billiger geworden. Die
Vergleiche mit anderen Städten hat
gestern schon der SPÖ-Abgeordnete Omar
Al-Rawi mit einer Graphik mitgeteilt.
Seit der Einführung der
Parkraumbewirtschaftung ist ein starker
Rückgang der Falschparker, der
Gehsteigparker und der Schutzwegparker
eingetreten, speziell in den
innerstädtischen Bezirken. Das zeigt
ganz deutlich, dass die
Parkraumbewirtschaftung funktioniert.
Also genau deshalb, weswegen sie
eingeführt worden ist, hat sich gezeigt,
sie funktioniert auch tatsächlich. Das
Parkplatzsuchen für die Bewohner ist
sehr stark verbessert worden. Tagsüber
haben wir im Schnitt nur mehr 80 Prozent
Auslastung. Die Probleme gab und gibt es
in den Abendstunden, daher auch die
Ausweitung bis 22 Uhr. Das nützt
generell selbstverständlich auch der
Wirtschaft, weil hier die Wirtschaft
immer angeführt wird, denn auch die
Kunden und Kundinnen der
Wirtschaftsbetriebe in den
innerstädtischen Bezirken finden viel
leichter einen Parkplatz.
In einem anderen Zusammenhang hat der
Kollege Valentin gestern aus einer
VCÖ-Studie zitiert, vom Fluglärm fühlen
sich in Wien 13 000 belästigt. Das wird
offenbar immer wieder sehr deutlich und
stark als eine sehr große Belastung
dargestellt. Vom Verkehrslärm fühlen
sich aber, und das hat er auch gestern
gesagt, 250 000 Wienerinnen und Wiener
belästigt. Das sind zwanzigmal so viel.
Ich wollte das hier nur deutlich sagen,
um die Größenordnungen zurechtzurücken.
Von 1980 bis 2000 ist die
Verkehrsleistung in Wien von 2,4
Milliarden Kfz-Kilometern auf 3,8
Milliarden Kfz-Kilometer gestiegen. Das
hat eine Studie der AK ergeben, die vom
Österreichischen Institut für
Raumplanung durchgeführt worden ist. Ein
Viertel dieser Verkehrsleistung wird in
den Bezirken 1 bis 9 und 20, also in den
Parkpickerlbezirken, erbracht und drei
Viertel davon außerhalb dieser Bezirke.
(Abg Alfred Hoch: Das kann man aber
leicht erklären!)
650 000 PKWs sind in Wien zugelassen,
davon 190 000 in den bewirtschafteten
Gebieten. Im Wiener Durchschnitt hat der
Verkehr in 20 Jahren um rund 60 Prozent
zugenommen, am meisten im 21. und 22.
Bezirk, dort um 120 Prozent, und am
wenigsten in den Innenbezirken, nämlich
um 8 Prozent. Auch das ist eine
Auswirkung der Parkraumbewirtschaftung
seit 1993 im 1. Bezirk und seit 1995 in
den anderen Bezirken.
Die flächendeckende
Parkraumbewirtschaftung ist nicht etwas,
das den Bezirken von Seiten der Stadt
Wien aufgedrängt worden ist. Das war ein
massiver Wunsch aus den Bezirken. Das
kann die FPÖ natürlich nicht beurteilen,
weil die, Gott sei Dank auch weiterhin,
keinen Bezirksvorsteher stellt. Die ÖVP
kann das aus nahe liegenden Gründen auch
immer weniger beurteilen, denn da werden
die Bezirksvorsteher innerhalb des
Gürtels auch weniger. Die GRÜNEN haben
in der Zwischenzeit bereits zwei
Bezirksvorsteher und da merkt man schon
die differenzierte Haltung. Früher war
es generell so, dass die
Parkplatzbenützung möglichst viel Geld
kosten soll, aber jetzt wird sehr wohl,
und das freut mich sehr, differenziert
zwischen den Parkscheinbenützern und den
Parkpickerlbesitzern in den Bezirken.
Das muss ich positiv anmerken, ein
Umdenken bei den GRÜNEN. (Abg Mag
Rüdiger Maresch: Jetzt braucht Ihr nur
mehr ein Parkabgabegesetz zu machen!)
Die sozialdemokratische Politik ist eine
Politik für alle Menschen in dieser
Stadt, wie ich schon eingangs gesagt
habe. Ich möchte mich ganz gern ein
bisschen mit ein paar Argumenten, die
wirklich neu waren, beschäftigen,
nämlich Differenzierung und
Entkoppelung. Dazu muss ich sagen, das
eine ist möglicherweise ein juristischer
Begriff und das andere ist der
landläufige Begriff. Ich möchte das mit
einem Leiterwagen vergleichen. Wenn dort
die Achse direkt am Wagen befestigt ist,
ist es direkt verbunden. Wenn man eine
Dämpfung einbaut, damit es nicht so
holpert, dann ist es wohl auch noch
verbunden, aber nicht mehr so genau
verbunden. (Abg Mag Rüdiger Maresch:
Natürlich kommt wieder eine Metapher von
dir! Aber es ist trotzdem im Masterplan
so drinnen!) Die Differenzierung
beziehungsweise die Entkoppelung ist
tatsächlich eine Entkoppelung (Abg Mag
Rüdiger Maresch: Den Masterplan lesen!),
auch wenn es vielleicht juristisch nicht
so zu sehen ist, weil wenn ich die Zeit
der Parkraumbewirtschaftung auf 22 Uhr
verlängere, müsste es allein aus diesem
Titel der Verlängerung der Zeit eine
Erhöhung geben und genau das hat es
nicht gegeben. Es ist eben eine deutlich
geringere Erhöhung, nämlich die Hälfte
davon, was es rechnerisch ergeben hätte,
und es ist der Unterschied zwischen
Differenzierung und Entkoppelung. Aber
jetzt hat er mir nicht zugehört. Daher
muss ich es ihm nachher, glaube ich,
noch einmal erklären.
Und zur Ausweitung außerhalb des
Gürtels. Ich habe schon gesagt, gegen
den Wunsch der Bezirke passiert
natürlich überhaupt nichts, es gibt
keinen dringenden und massiven Wunsch
der Bezirke, und außerdem muss man sich
das ja generell genau ansehen, ob die
Parkraumbewirtschaftung auch
funktionieren würde, denn sie
funktioniert ja nur dort, wo man
vermeiden möchte, dass Leute, die in
Bezirksteilen mit dem PKW zur Arbeit
kommen, dort den Bewohnern und
Bewohnerinnen den Parkplatz wegnehmen.
Dort, wo es eine geringere Zahl von
Arbeitsplätzen und daher nicht so viele
Einpendler gibt, würde das System der
Parkraumbewirtschaftung, wie wir es
jetzt haben, ja gar nicht funktionieren.
Daher ist es sinnvoll und notwendig,
sich das vorher in Studien genau
anzusehen und das dann mit den Bezirken
rückzukoppeln et cetera, et cetera, et
cetera.
Zum Abzocken, wie es gestern von der ÖVP
eingebracht worden. Abzocken ist ja für
meine Begriffe etwas, wenn man nur
kassiert, es gibt also keine
Gegenleistungen. Ein bisschen muss ich
mir daher schon die Zeit nehmen, die
Gegenleistungen von diesen
zweckgebundenen Einnahmen aufzulisten.
Es gibt zehn Park-and-ride-Anlagen –
eine in Erdberg, eine in der Spittelau,
eine in Hadersdorf-Weidlingau, eine bei
der Spetterbrücke, eine in
Heiligenstadt, im 21. Bezirk in der
Brünner Straße, in Leopoldau und in der
Siemensstraße; in Liesing und
Siebenhirten gibt es 23. Das sind
insgesamt 5 290 Stellplätze. In
Hütteldorf ist eine mit 1 250
Stellplätzen in Bau, und Planungen für
weitere 10 000 Stellplätze, nämlich in
der Spittelau, in Rothneusiedl, in Wolf
in der Au, in Heiligenstadt, in
Strebersdorf, in der Aderklaaer Straße,
am Rendezvousberg, am Seestern, in der
Aspernstraße und in der Hausfeldstraße –
abhängig natürlich vom Verlauf des Baus
der U2 – sind die geplant. (Abg Mag
Wolfgang Jung: Gibt es wirklich 23
Park-and-ride-Anlagen in Liesing?) Ich
muss das so deutlich sagen. Ich meine,
die FPÖ versteht es ja eh nicht, aber
die ÖVP ... (Abg Mag Wolfgang Jung: 23
haben Sie gesagt!) 23. Bezirk. Sie haben
auch das nicht verstanden. Die ÖVP hat
vom Abzocken gesprochen, und daher habe
ich das sehr deutlich ausgeführt. Sie
verstehen es ohnehin nicht, und darum
erkläre ich es Ihnen auch nicht, Herr
Kollege Jung. (Abg Mag Wolfgang Jung:
Die Park-and-ride-Anlagen zahlen wir ja
auch extra, Herr Kollege!)
In der Umgebung Wiens sind zehn
Park-and-ride-Anlagen in Bau. Auch hier
wird ein Teil des Geldes der
zusätzlichen Einnahmen dafür verwendet,
also Wien subventioniert das. Das sind
über 5 000 Stellplätze beispielsweise in
Mödling und in Stockerau.
Der Modal-Split in Wien beträgt ein
Drittel für den PKW und zwei Drittel für
den Umweltverbund. Bei den Einpendlern
ist das genau umgekehrt, und gerade hier
zeigt sich auch, dass die
Parkraumbewirtschaftung eben eine
Maßnahmen ist, das in den Griff zu
kriegen, und daher bauen wir auch diese
Park-and-ride-Anlagen.
Seit 1993 gibt es auch eine umfangreiche
Garagenförderung: 105 Garagen mit 35 000
Parkplätzen. In 230 gewerblichen Garagen
stehen 72 500 Stellplätze zur Verfügung,
18 Volksgaragen mit 3 500 Stellplätzen
sind fertig – Robert-Stolz-Platz,
Odeongasse, Klieberpark, Hofmühlgasse,
Schlesingerplatz, Columbusplatz,
Enkplatz, Steinbauerpark, Auhofstraße,
Dreihausgasse, Viktoriagasse,
Ludo-Hartmann-Platz, Hofferplatz,
Dornerplatz, Parhamerplatz,
Schubertpark, Grinzing,
Karl-Seitz-Platz; auch die
Lilienbrunngasse ist fast fertig –, und
es gibt Planungsüberlegungen für weitere
sieben Standorte.
Ich sage das auch deshalb so deutlich,
eben, um noch einmal klarzustellen, von
abzocken kann hier keine Rede sein, hier
stehen klare Maßnahmen gegenüber.
Die weiteren Punkte von StR Schickers
10-Punkte-Programm wird mein Kollege
dann erörtern. Das lasse ich jetzt aus,
um Zeit zu sparen.
Ich gehe nur ganz kurz auf die Kritik
von Kollegen Gerstl ein. Gestern hat er
Kritik an den Gehsteigvorziehungen
geübt. Er hat gesagt, der Parkraum geht
verloren und so weiter, ich möchte aber
darauf hinweisen, dass das Maßnahmen zur
Erhöhung der Verkehrssicherheit sind,
einfach nur, um die Sichtrelationen
zwischen den sich bewegenden Autos und
den Fußgängern besser darzustellen. Im
Detail könnte das sicher der Kollege Dr
Pfleger viel besser erklären, aber es
ist klar, wenn die Sichtbeziehungen zu
den parkenden Autos, speziell gegenüber
Kindern, leicht verstellt sind, dann
sinkt die Sicherheit, und um das zu
verhindern, werden eben
Gehsteigsvorziehungen gebaut und nicht
aus Jux und Tollerei.
Ansonsten haben wir in allen Bezirken
wesentlich mehr Stellplätze zur
Verfügung als zugelassene PKW. Auch hier
gibt es klare Zahlen. Ich möchte jetzt
nur die vom 9. Bezirk, von meinem
eigenen Bezirk, nennen. Hier haben wir
22 000 Stellplätze auf der Straße, in
gewerblichen Garagen und in Garagen bei
Wohnbauten, demgegenüber stehen 16 000
zugelassene PKW, also ein klarer
Überhang von Stellplätzen gegenüber den
zugelassenen Fahrzeugen. Auch das ist
ein Beweis, dass hier nicht irgendwelche
wirren Überlegungen da sind, sondern
dass ganz genau mit Zahlen belegbar ist,
dass hier sehr wohl Leistungen in
Anspruch genommen werden können, auch
wenn man nicht unmittelbar vor dem
Haustor stehen kann; das räume ich schon
gerne ein.
Die restlichen Maßnahmen überlasse ich,
wie gesagt, meinem Kollegen. Vielleicht
noch einen Punkt betreffend die
Preiserhöhungen. Eine Mechanikerstunde
kostet derzeit 94 EUR, das
Bewohnerpickerl neu kostet 135 EUR im
Jahr. Also man muss das einmal in
Relation setzen, welche Ausgaben man für
den PKW hat. Mechanikerstunden hat man
mindestens eine im Jahr, wenn nicht
mehrere für irgendwelche Reparaturen,
für das § 57-Pickerl und Ähnliches, und
demgegenüber stehen 135 EUR im Jahr.
Also die Größenordnung spricht ja hier,
glaube ich, auch für sich. (Abg DDr
Eduard Schock: 135 EUR für keinen
Parkplatz!) Es ist eine verkehrslenkende
Maßnahme – das habe ich deutlich
ausgeführt – und sie funktioniert.
Die Frau Vizebürgermeisterin hat einen
wesentlichen Satz gesagt: Wien ist
grundsätzlich offen für alle Anregungen
betreffend Optimierung, allerdings
sollte nicht riskiert werden, dass das
jetzt funktionierende System durch
verfassungsrechtlich bedenkliche
Neuregelungen gefährdet wird. Damit ist
auch erklärbar, warum es einerseits im
Masterplan drinnen steht, dass das
angedacht werden kann, wenn es aber
massive verfassungsrechtliche Bedenken
gibt, könnte das gesamte System zum
Kippen kommen, und daher haben wir uns
aus gutem Grund entschlossen, das so
beizubehalten, wie es jetzt ist.
Sozialdemokratische Politik war und ist
immer eine Politik mit Augenmaß, und wir
wollen das auch weiterhin im Interesse
aller Wienerinnen und Wiener so
fortsetzen. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ.)
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